Systematischer Review und Meta-Analyse
Interview mit Dr. med. Katharina Gaertner (IKOM)
Welche Zielsetzung hat Ihr Projekt?“
Durch das Projekt „Systematischer Review und Meta-Analyse klinischer Effekte von homöopathisch potenzierten Substanzen im Vergleich zu konventioneller Behandlung“ entsteht eine aktualisierte und erstmals vollständige, systematische Zusammenstellung, übersichtliche Präsentation und meta-analytische Aufarbeitung vorhandener klinischer Studien zum Vergleich potenzierter Arzneien mit konventioneller Therapie. In der Bearbeitung sollen sowohl homöopathische Überlegungen, wie z.B. die verwendete homöopathische Methode, als auch methodische Gesichtspunkte, wie z. B. die Qualität der Studien, beachtet und anschliessend der Öffentlichkeit zugängig gemacht werden.
Gibt es eine Besonderheit im Studienaufbau? Was bedeutet „Systematischer Review und Meta-Analyse“ genau?
Ein systematischer Review ist eine Expertenanalyse der vorhandenen Literatur zu einem Thema, wobei neben der Beurteilung der Ergebnisse auch beschreibende statistische Auswertungen vorgenommen werden können. Eine Meta-Analyse dagegen zieht die Originaldaten und Ergebnisse der Studien zur Berechnung von Gesamt-effekten heran.
Bislang fand eine solche Analyse noch nie für Studien statt, die als Vergleich der homöopathischen Therapie die konventionelle Behandlung heranziehen. Weitere Besonderheiten bei der Konzeptierung unseres Projektes sind:
eine extensive Literatursuche für die auch (Literatur-)Verzeichnisse, welche Master-, Diplom- und Doktorarbeiten indexieren, sowie internetbasierte Suchportale (Google Scolar) oder anderen Webverzeichnisse (z.B. open grey), die bislang unveröffentlichte Arbeiten beinhalten, herangezogen werden.
Der Einschluss von kontrollierten Beobahchtungsstudien und nicht nur randomisiert-kontrollierten Studien.
Vollständige Qualitätsbeurteilung nach aktuellem wissenschaftlichem Standard: Hinsichtlich der internen Validität (inwiefern Effekt aufgrund des untersuchten Agens zustande kommt und Alternativerklärungen ausgeschlossen werden können), der externen Validität (inwiefern die Ergebnisse über die Studiensituation hinaus verallgemeinert werden können) und der homöopathischen Model-Validität (Ausmass der „Homöopathizität“) nach wissenschaftlich gültigen Kriterien (Risk-of-Bias assessments).
Vielfältige Subgruppenanalysen: Nach einer meta-analytischen Gesamtbeurteilung der Einzelergebnisse sind vor allem folgende Subgruppenanalysen und Vergleiche hervorzuheben: o verwendete homöopathische Methode (Klassisch, Routine, Komplex, Isopathie) o verwendete Potenz (hoch versus niedrig) o behandelte Pathologien (akut, chronisch, multifaktoriell, funktionell, etc.), o vorliegenden Studienqualität (gemäss Risk-of Bias assessments), sowie der unterschiedlichen Studiendesigns (randomisierte kontrollierte Studien versus Beobachtungsstudien), des Publikationsstatus (Peer Review vs. „graue“ Literatur), der Sponsorinteressen (sofern angegeben) und weitere.
Warum ist es wichtig, die Effekte der homöopathischen mit der konventionellen Behandlung zu vergleichen? Welche Relevanz hat ein solcher Vergleich?
Die Ergebnisse sind einerseits gesundheitspolitisch relevant (Untersuchung der allfälligen Gleichwertigkeit homöopathischer und konventioneller Behandlung); anderseits können sie zur wissenschaftlichen Debatte um die Wirkmechanismen und Zielen, sowohl der homöopathischen als auch der konventionellen Behandlungen beitragen.
Können die Ergebnisse verallgemeinert werden?
Vermutlich gibt es nicht genug Originalstudien in ausreichender Qualität um eine Verallgemeinerung zu ermöglichen. Eben daher ist es wichtig, das vorhandene Material übersichtlich darzustellen und ausführlich zu besprechen. Durch die Subgruppenanalysen werden wir sehen können in welchen Bereichen und mit welchem Studiendesign die homöopathischen Effekte auf unsere Gesundheit gut abzubilden sind.
Stößt Ihr Projekt auch international auf Interesse?
Wir besprechen und Präsentieren unser Projekt auf internationalen Kongressen und stehen im Dialog mit führenden homöopathischen Wissenschaftlern. Dabei begegnen wir viel Interesse, aber auch Skepsis. Viele Kollegen sind durch die bisherigen Schwierigkeiten homöopathischer Meta-Analysen enttäuscht und halten daher eine weitere Analyse für hinfällig. Unserer Ansicht nach ist es wichtig sich den besonderen Herausforderungen einer homöopathischen Meta-Analyse zu stellen um sowohl valide als auch wegweisende Ergebnisse für die weitere homöopathische Forschung zu gewinnen.