Offener Brief Karl Lauterbach

Offener Brief an Minister Karl Lauterbach zur beabsichtigten Streichung der Homöopathie

Dieser Offene Brief darf gerne als Grundlage für einen eigenen Brief an Politiker:innen und Journalist:innen verwendet werden.

Warum die Satzungsleistungen für Homöopathie und anthroposophische Medizin erhalten bleiben sollten. Die Faktenlage!

Sehr geehrter Herr Minister Lauterbach,

mit der von Ihnen beabsichtigten Streichung der freiwilligen Satzungsleistungen für Homöopathie und anthroposophische Medizin setzen Sie sich über die Bedürfnisse und Präferenzen der Bürgerinnen und Bürger hinweg. Eine solche Bevormundung ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, denn die pluralen Rechte der Menschen auf eine von ihnen gewünschte Heilmethode sind in Artikel 1 des Grundgesetzes geschützt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Die Berufswahl (ärztliche Freiheit), Forschung und Lehre sind ebenfalls durch das Grundgesetz ausdrücklich geschützt.

Zudem greifen Sie ohne Not in die Wahlfreiheit der Bürgerinnen und Bürger ein. Denn schon heute kann jeder, der keine Satzungsleistung für Homöopathie und anthroposophische Medizin wünscht, eine Krankenkasse mit anderen Angeboten wählen.

Bitte nehmen Sie folgende Fakten zur Kenntnis:

  1. 70% der Menschen in Deutschland geben positive Erfahrungen mit der Homöopathie und/oder anthroposophischen Medizin an. Ein Großteil der Bevölkerung befürwortet eine Erstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen. (Allensbach-Umfrage, 2023).
  2. Der Anteil der Homöopathie an den Kosten im Gesundheitswesen liegt, wie Sie sicher wissen, im Promille Bereich. Die Realität bei der Patientenversorgung zeigt, dass der integrative Einsatz der Homöopathie Kosten spart, indem sie zur Reduzierung von konventionellen Medikamenten und Krankenhauseinweisungen sowie zur Verringerung der Arbeitsunfähigkeitszeiten führt (Witt, C. et al., 2005, BMC Public Health).
  3. Die homöopathische Behandlung hilft in erheblichem Maße, eine Übermedikation in anderen Bereichen zu reduzieren. Zur Problematik der Antibiotika-Resistenzen: Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, die zeigen, dass der Verbrauch von Antibiotika geringer ist bei Patientinnen und Patienten, die homöopathisch behandelt werden (Securvita-Studie zur Homöopathie). In der EU-Verordnung für die Veterinärmedizin ist die bevorzugte Behandlung mit Homöopathie und Phytotherapie bereits vorgeschrieben (EU-Bio-Verordnung, VO (EU) 2028/848).
  4. Homöopathie ist auf Grund von RCT*-Studien in die S3-Leitlinie „Komplementärmedizin in der Onkologie“ aufgenommen worden. (Frass et al., 2015, in Complementary Therapies in Medicine)
  5. Die wissenschaftliche Grundlage für die Wirkung der Homöopathie über Placebo hinaus ist sowohl in der Grundlagenforschung sowie in der klinischen Forschung zur Homöopathie hinreichend belegt. www.ikim.unibe.ch/forschung/uebersichten_zum_stand_der_forschung/homoeopathie/index_ger.html

Hypothesen zur Wirkweise der Homöopathie werden erforscht. Wir sind hier bekanntlich nicht mehr im molekularen Bereich. Wer aus einem solchen Grund allein eine Wirkung abstreitet, hat die aktuellen Ergebnisse in der Grundlagenforschung und die EbM-basierte Faktenlage ignoriert.

  • Die Aussage, dass der Homöopathie die wissenschaftliche Grundlage fehlt, entspricht nicht dem Stand der Forschung und ist irreführend.

Zum Stand der klinischen Forschung auf Ebene der RCT-Metaanalysen*:

Bei dem neuesten „Systematic Review“, Hamre et al., 2023, einer Übersichtsarbeit zu allen 6 vorhandenen Meta-Analysen von Placebo-kontrollierten Homöopathie-Studien für jegliche Indikation, kommen die Autoren zu folgender Aussage:

Homöopathie zeigte bessere Ergebnisse als Placebo.

Hamre et al., “Efficacy of homoeopathic treatment: Systematic review of meta-analyses of randomised placebo-controlled homoeopathy trials for any indication”. Sys. Rev., 2023

Download als PDF: https://link.springer.com/content/pdf/10.1186/s13643-023-02313-2.pdf

*entspricht den strengsten Kriterien der Evidence-Based Medicine, EbM. RCT=Randomised Controlled Trials

Wie sieht es in der Schweiz aus?

Das Schweizer Bundesamt für Gesundheit hat im Auftrag des Bundesrats (Regierung) 2002 -2005 die ärztliche Versorgung mit Komplementärmedizin/Homöopathie in der Schweiz auf WIRKSAMKEIT, ZWECKMÄSSIGKEIT und WIRTSCHAFTLICHKEIT durch ein unabhängiges Institut der Universität Bern mit einem „PEK-Schlussbericht“ evaluieren lassen. Dieses Health Technology Assessment, HTA, belegt deutlich einen medizinischen Nutzen mit eindeutig positiven Ergebnissen für alle drei Faktoren, einschließlich Patientensicherheit. Nach Ansicht der Autoren „untermauert der Bericht, dass die Homöopathie eine wertvolle Ergänzung zur schulmedizinischen Versorgung ist“ – ein Status, den sie seit langer Zeit in der praktischen Gesundheitsversorgung in vielen Ländern der Welt innehat.

Der Bundesrat hat die Homöopathie nach einer Volksinitiative, Abstimmung 2009, schrittweise als Kassenleistung eingeführt. Die Volksinitiative hatte ergeben, dass der Wunsch, die Komplementärmedizin einschließlich Homöopathie bei der kassenärztlichen Leistung zu berücksichtigen, mit 66% landesweite Zustimmung fand. Qualifizierte ärztliche Homöopathie wurde daraufhin als Kassenleistung zunächst fünf Jahre lang befristet von 2012 bis 2017 eingeführt und seit dem 1. August 2017 dauerhaft im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen in der Schweiz verankert.

Zusammenfassend ein Zitat aus der offiziellen Schlussfolgerung des HTA-Berichts: „Es liegen aus-reichende Nachweise für die präklinische Effektivität und klinische Wirksamkeit der Homöopathie sowie für ihre Sicherheit und Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu schulmedizinischen Behandlungen vor.“

Sehr geehrter Herr Minister, wir erwarten, dass Sie Ihre Ankündigung überdenken und zum Wohle der Menschen und des Gesundheitssystems in Deutschland diese zurücknehmen. Die einleitenden Worte zum Grundgesetz sind schon Begründung genug dafür.

Mit freundlichen Grüßen und in der Hoffnung, Sie zu erreichen,

Dr. Karoline Kretzdorn

V.i.S.d.P.  Dr. med. vet. Karoline Kretzdorn

 Vorstand der Homöopathie-Stiftung des Deutschen Zentralverbands homöopathischer Ärzte, DZVhÄ

 dialog@homoeopathie-stiftung.de                 www.homoeopathie-stiftung.de